Auf dem Camp (Bericht hier) hatte Jochen Weiland aufgefordert, mehr über TYPO3 zu schreiben. Der Aufhänger für diese Aufforderung war: er berichtete über Kommentare von TYPO3-Außenseitern der Art „TYPO3 ist doch schon tot“. Tja, totgeglaubte leben länger.
Ich arbeite mit TYPO3 seit Version 3.7, das ist finsteres Mittelalter. Bereits im Informatik-Studium mit viel C, C++ und Java habe ich Gefallen an PHP und MySQL gefunden. Wir haben damals Informix SQL gelernt und als ein Kommilitone MySQL erwähnte, war der Kommentar des Professors „die halten sich nicht lange“. Tja, siehe oben. PHP war damals rein funktionsbasiert, wahrscheinlich sah ich das Potential schon damals – ähm. Für meine Diplomarbeit schrieb ich eine Web-Applikation mit dem frisch erschienenen PHP 5 – es gab Klassen. OOP! Irgendwann gegen Ende des Studiums erzählte mir ein Kommilitone von einem verrückten Dänen, der im Keller ein CMS geschrieben hat und das sei richtig geil. Als ich ein paar Monate später eine Seite umsetzen musste, wo der Kunde seine Inhalte selbst bearbeiten kann, fiel mir dieses Gespräch wieder ein und so lernte ich TYPO3 kennen.
Jahre vergingen, ich habe mich mal mehr, mal weniger mit TYPO3 beschäftigt. Nach einer TYPO3 Agentur wechselte ich zu einer Agentur, die kein TYPO3 anbot und vermisste es nach einiger Zeit. TYPO3 krebste lange in der Version 4 herum, weil die Version 5 ja was neues werden sollte. Nach außen sah das so aus, als würde es da nicht voran gehen. Das Backend war nach wie vor altbacken, andere CMS spossen aus dem Boden (WordPress, Contao), dagegen sah TYPO3 alt aus. Da durfte ich mir anhören „TYPO3 wird nicht mehr lange geben“ und wurde irgendwie traurig.
Dann kam Version 6 – Namespaces, Extbase und Fluid – endlich! Seitdem gibt es regelmäßig Releases, Updates, neue Technologien werden eingebaut und TYPO3 macht mehr Spaß denn je. Was ist an TYPO3 liebe, ist die Flexibilität bei sauberer Datenbank-Struktur und hoher Code-Qualität. Ok, es gibt im Core nach wie vor ein paar dunkle Ecken, die immer noch eingestaubt und gruselig sind. Dafür ist der aufgeräumte Rest genial. Ich bin überzeugt, dass es nichts gibt, was man mit TYPO3 nicht umsetzen könnte. Gelegentlich schaue ich über den Tellerrand – ich habe schonmal mit anderen CMS (Drupal, WordPress, Contao) und Frameworks (CakePHP, Laravel) gearbeitet, um dann mit einem guten Gefühl weiter mit TYPO3 arbeiten zu können.
Ja, die Einstiegshürde ist hoch – TypoScript. Gut, wo ist denn bitte keine Einstiegshürde? Ich gehe doch auch nicht zur Fahrschule, setze mich ans Steuer und kann fahren? Für viele Dinge im Leben muss man lernen, Erfahrung sammeln, manchmal Frustrationen aufbauen, um voran zu kommen. TYPO3 hat den Vorteil, dass es gut dokumentiert ist und dass es eine Community gibt, die einem helfen kann. Beispiele gibt es wie Sand am Meer und Google hilft ja auch weiter, damals im finsteren Mittelalter war das noch anders.
Dann höre ich manchmal, TYPO3 ist zu kompliziert für Redakteure. Meine Antwort: das System ist falsch eingerichtet. TYPO3 hat ein geniales Benutzermanagement mit einer differenzierten Rechteverwaltung. d.h. nicht TYPO3 ist Schuld, es ist nur falsch konfiguriert. Ich kann verstehen, dass Frau Müller überfordert ist, wenn Sie 80 Buttons hat, die sie klicken kann und eine Menüleiste, bei der sie scrollen muss. Da ist es die Aufgabe des Entwicklers/Integrators TYPO3 entsprechend einzurichten und Frau Müller nur die 5 Buttons und 2 Menüpunkte zu geben, die sie braucht.
Und zum Schluß – seit einigen Jahren gibt es die TYPO3 Zertifizierung. Welches andere CMS hat das bitte? „The TYPO3 certification program is a global standard for TYPO3 knowledge“[1]. Wenn man also mit einem TYPO3 zertifizierten Entwickler zusammen arbeitet, dann ist zumindest sicher gestellt, dass er die API kennt. Da ich die Prüfung abgelegt habe, weiß ich, dass sie nicht ohne ist und dass ich trotz jahrelanger TYPO3 Erfahrung noch einiges lernen musste.
So, genug geschwärmt – wieder an die Arbeit. Mit TYPO3 natürlich 😉
[1] https://typo3.org/certification/
Vielen Dank für das Teilen deiner Geschichte. Ich finde es immer sehr spannend zu hören oder lesen, wie die Leute TYPO3 kennen lernten und was sie für Erlebnisse mit dem CMS haben 🙂